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Haben antike Schriften für die postmodernen Leser:innen Bedeutung? Trotz des zeitlichen Abstands? Der Begriff 2. Naivität als Ziel der Dekonstruktion.

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Zauberschlüssel 2. Naivität? Was kann er genau? (wissenschaftlich)

Strategien zu gelingender Dekonstruktion seit 1925

Eine Textversion in verständlicher Sprache findest du hier.

Dass die wörtliche Lesart der Heiligen Schriften mehr Probleme als Lösungen erzeugt, ist spätestens seit dem Weckruf durch die Entmythologisierungsdebatte um Rudolf Bultmann ab 1945 klar. Erst in den späten 90ern mit Beginn der internationalen emergenten Diskussion wurde die postmoderne Vorstellung der Dekonstruktion unserer großen Narrative, den Religion und Gesellschaft tragenden Erzählungen (wie z. B. der Storyline von Adam & Eva zur Erlösung) eingeführt. Nun ist dies im breiten Bewusstsein (auch bei Postevangelikalen!) angekommen. „Hossa Talk“ hat für das Ziel der Dekonstruktion ab Min. 59 die Frage in den Raum geworfen, ob die 2. Naivität eine Lösung sein kann. Als eine Weisheit des „Als ob“, also glauben „als ob es stimmen könnte“ wie dort von Jakob Jay Friedrichs plastisch ausgeführt wird. Ob und wie diese 2. Naivität aber gefüllt wird, scheint sehr unterschiedlich zu bleiben. Dieses Wort ist deshalb ein guter Begriff, der er viele verschiedene Wege zum Ziel integrieren kann.

Der Modernitäts-Schock

»Man kann nicht elektrisches Licht und Radio benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben. « Krankheit und Gesundheit sind physiologische Vorgänge und nicht Folgen der adamitischen Erbsünde oder der Heilsgnade Christi. Verhält sich dies so, dann sind »die Wunder des Neuen Testaments als Wunder erledigt, und wer ihre Historizität durch Rekurs auf Nervenstörungen, auf hypnotische Einflüsse, auf Suggestion und dergleichen retten will, der bestätigt das nur.« Rudolf BULTMANN: Neues Testament und Mythologie.1

Mit diesen nicht nur damals provozierenden Sätzen eröffnete im Jahre 1941 der Marburger Neutestamentler Rudolf Bultmann den vielleicht bedeutsamsten Streit in der Theologie des 20. Jahrhunderts: die sogenannte Entmythologisierungsdebatte. Erbittert bekämpft von der vormodernen Perspektive z. B. im Kleid der Bekenntnisbewegung "Kein anderes Evangelium". Dieser Kampf ist für eine kleine Gruppe Fundamentalisten noch unentschieden, aber eine Bandbreite an Lesarten wurde in den folgenden 80 Jahren entwickelt: neben dem großen Sieger der historisch-kritischen Lesart, entwickelten sich alternative engagierte Lesarten für große Anliegen: die befreiungstheologische (z. B. Walter Wink, siehe unten), die feministische, mystisch-meditative, Allegorische oder symboldidaktische Lesarten und nicht zuletzt neu die postkolonialen, postimperialen, postevangelikal-emergenten engagierten Lesarten und nun tauchen wir hier auf mit einer historisch-narrativen Lesart (einer Untervariante der „New Perspective on Paul"-Lesart).

Man versteht, dass Bultmann angesichts der deutlich wahrgenommenen Spannung zwischen Vormoderne (antik-mythischem Weltbild) und Moderne oder Spätmoderne (mit dem materialistisch-wissenschaftlichen Weltbild) zu einer Lösung finden musste. Ob seine ihm nahliegende Lösung überzeugt, nämlich zu einer »Entmythologisierung« der biblischen Texte aufzurufen, bewerten wir jetzt nicht. Sein Anliegen war überzeugend: Die Überwindung des unglaubwürdig gewordenen „wörtlichen Sinns“ heiliger Texte im mythologischen Sprachgewand, um den Blick freizubekommen für das, was diese Texte im Kern auch dem heutigen Menschen noch – oder besser: wieder sagen können, wenn sie diesem antiken mythischen Gewand entkleidet werden.

Welche Lösung bietet der Begriff 2. Naivität uns an?

Ich kann Bultmanns Versuch mit der Methode einer sog. »existentialen Interpretation« hier nicht weiter analysieren oder bewerten. Aber ich möchte mich angeregt von Prof. Joachim Nagel direkt auf jenes spannende Stichwort fokussieren,

das im Zusammenhang der bis heute (!) unerledigten Entmythologisierungsfrage immer wieder zu hören ist: »Zweite Naivität« dieser Begriff, der von dem französischen Philosophen Paul Ricœur in die von Bultmann angestoßene Debatte eingeführt wurde (auch wenn der Begriff nicht von ihm selber stammt), geistert ja wie ein Zauberwort durch die theologischen und religionspädagogischen Diskurse, als könne er uns die genannten Probleme ohne weiteres vom Halse schaffen. Nur: Was hat man sich unter einer »Zweiten Naivität« vorzustellen? Ist damit gemeint, man könne das peinlich Konkrete, Anstößige der biblischen Erzählungen eliminieren, den Bewußtseinszustand einer »Ersten Naivität«, welche die biblischen Texte wortwörtlich nimmt, hinter sich lassen, um dann – durch irgendeinen hermeneutischen Kniff – den kindlichen Glauben an Adam und Eva im Paradies, an die Jungfrau im Kämmerlein und die Hirten auf dem Felde doch noch zu retten? … <

In der Regel wird sie ja beschrieben als die einem erwachsenen Menschen angemessene Glaubenshaltung, die durch alle Zweifel und Fragen der Moderne hindurchgegangen ist, um am Ende vorzustoßen zu einer neuen, über sich selbst belehrten, d. h. nachkritischen, nicht vorkritischen Unmittelbarkeit des Glaubens. Wie aber gelangt man zu einer solchen Glaubenshaltung? Und welchen Preis hat die Theologie zu bezahlen, sobald sie einmal begonnen hat, sich um den Gewinn einer solchen »Zweiten Naivität« zu bemühen?

Ich fasse in diesem Blogbeitrag kurz zusammen, was in der 30seitigen Vorlesung2 von Joachim Negel, einem kath. Professor der Uni Freiburg (Schweiz)3 an spannenden Informationen zusammengetragen wurde.

Er verweist auf den Urheber des Begriffs in den 1925ern, den Religionsphilosophen Peter Wust (1884–1940) und den jüdischen Reformpädagogen Ernst Simon (1899–1988)4, bevor er auf die Füllung des Begriffs durch Paul Ricœurs zu sprechen kommt. Hier eine zusammenfassende Grunddefinition:

Zweite Naivität – das wäre die dem Leben abgerungene und insofern erlittene, zugleich aber in ein leises Vertrauen hineinverwandelte Haltung des erwachsenen Menschen gegenüber dem Leben und seinen unlösbaren Rätseln, ein frommes Äquilibrium von Skepsis und wiedergewonnener Seinsbejahung, in welchem die großen Fragen zwar nicht einfach gelöst sind, aber doch zur Ruhe gefunden haben. Zweite Naivität – das wäre die Haltung dessen, der in gewisser Weise »trotzdem« glaubt, aber nicht aus verkrampftem Trotz, sondern aus einer weisheitlichen Haltung fragend-staunender, mitunter schüchtern-humorvoller, immer aber auch dankbarer Verwunderung über diese seltsame, uns unbefragt auferlegte Existenz. In einer solchen elaborierten Gestalt seinsbejahender Naivität schlüge das schmerzlich-enttäuschte Wissen um die Grenzen des Wißbaren um in eine Haltung der »frommen Verehrung des Unerforschlichen« – in eine Haltung, die ihre reinste und wohl auch schönste Form in der »docta ignorantia« des Nikolaus Cusanus findet, in einer (auch über sich selbst) »belehrten Unwissenheit«. Eine solche »Zweite Naivität« trüge gleichsam ein mystisches Moment an sich; sie wüßte um ihre Vorläufigkeit (weshalb man sich immer wieder neu um sie bemühen muß). Wust (zitiert von Negel S. 267)

Das Spannende an dieser Zielbeschreibung ist, dass sie gültig für verschiedene kritisch Suchenden formuliert, in welchem Konflikt die moderne Aufklärung die traditionelle Spiritualität heiliger Texte gestürzt hat. Selbst wenn in den folgenden Jahrzehnten unterschiedliche kritische Brillen angelegt, d. h. verschiedene Perspektiven und ihre philosophisch-wissenschaftlichen Vorannahmen vorausgesetzt wurden.

So passt diese Zielbeschreibung selbst zu unserem aktuellen Postchristentums Weg im Jahr 2024. Der ist vielleicht radikaler als viele kritische Vorgänger, weil wir den christentümlichen Rahmen verlassen, indem wir die Aufklärung selbst dekonstruieren5, um dann einen neuen narrativen geschichtlichen Zugang zu den heiligen Schriften und ihren Kontextuellen Wahrheiten zu bahnen. Die Schlüsselfrage bleibt für alle Suchenden aber immer gleich:

was die Texte mit welcher Methode auch immer … auch dem heutigen Menschen noch – oder besser: wieder sagen können. Und was nicht!

Wie unterschiedliche philosophische und dann exegetische Vorannahmen diese Lesarten prägen, zeigt nun die Begriffsgeschichte ab den 1925er Jahren beispielhaft an Wust, Simon und Ricœur. Wenn du noch Kraft und Spaß hast: gleich kommt der Kurzüberblick zu deren Begründungen und Verfahren in Abgrenzung von unserem historisch-narrativen Ansatz. Wenn es dir reicht, nimmst du bisher mit, welchen Preis diese Theologie zahlt: Es ist ein anstrengender Weg durch Liebe zum modernen Zweifel hin zu einem aufgeklärten Glauben, der Spannungen und Zweifel aushält und nicht bekämpfen muss.

Narrative Strukturen der Symboldidaktik

Die „zweite Naivität“ besteht darin, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch deren Erzähltwerden. Dieses Verfahren baut auf Paul Ricœur auf und wird in der heutigenSymboldidaktik, also in der Lehre, welche symbolische Aussage heilige Texte für uns im Koffer haben, angewandt.

  • Die Texte werden zunächst einer historisch-kritischen Rezeption unterzogen: als Mythos/Legende betrachtet und auf ihren möglichen historischen Gehalt hin untersucht.
  • Dann werden dieselben Geschichten abermals gelesen, diesmal aber als-ob-wahr, daher die Bezeichnung „zweite Naivität“. Die zweite Naivität macht sich um all jene historisch-kritischen Fragen keine Gedanken mehr.
  • Ergebnis: Viele Geschichten der Bibel, die vollkommen unhistorisch sind, beginnen dadurch theologisch zu reden.

Die zweite Naivität beschreibt in dieser Definition eine nachkritische hermeneutische Perspektive, bei der die alten Texte im Lichte ihrer symbolischen Gehalte auslegt werden, um zu deren poetischen Kern vorzudringen.

Narrative Strukturen unserer historisch-narrativen Exegese

Wir gehen bei nuPerspective.de mit der historisch-narrativen Lesart einen anderen Abzweig nach dem ersten Ausgangsgedanken: Die „zweite Naivität“ besteht darin, nicht nur eine Geschichte zu erzählen, sondern auch deren Erzähltwerden:

  • Die Reflexion über das Erzähltwerden binden wir an die Überlieferungsgruppe und deren Adressaten (das Volk Israel im 1. Jahrhundert nach Chr., also eine jüdische Perspektive und ihre Lebenswelt).
  • Wir erheben die in deren Lebenswelt6 sinnvollen Aussagen vermittelt durch ihre Narrative und ihre jüdischen Bedeutungen.
  • Dann versuchen wir aber nicht, eine unhistorisch bleibend gültige Symbolwelt für uns zu erschließen, sondern im Gegenteil: wir beobachten die historisch vermittelte Wirklichkeit, die diese Symbolwelten gewirkt haben. Z. B. den imperialen Umsturz im Imperium Romanum 313 n. Chr. durch den Gott der Christen (nach 3 Jahrhunderten Verfolgung, Leiden und Martyrium dieser Christen).
  • Dort bleiben wir stehen und fragen uns dann: wie ist das Narrativ danach weiter erzählt worden bis es zu uns gelangte? Und welche Narrative mit ähnlichen oder ganz neuen „Erzähl-Mustern“ könnten für uns heute Sinn machen? (Mehr zu unserer Methode findest du hier).

Sehnsucht nach Erlösung als Ursprung einer neuen, zweiten Naivität: Ernst Simon

Ganz unabhängig von Wust hat auch der jüdische Reformpädagoge Ernst Simon (1899–1988) den Versuch unternommen, über die Haltung einer »Zweiten Naivität« zu reflektieren. Das Stichwort findet sich bei ihm erstmals in einem 1931 (kurz vor der NS-Katastrophe!) veröffentlichten Aufsatz zur Idee eines »Freien Jüdischen Lehrhauses«, wie sie von Franz Rosenzweig in Frankfurt propagiert wurde.

Rosenzweigs erklärtes Anliegen war es, dem in weiten Teilen assimilierten deutschen Judentum einen »neuen Zugang zur Welt der Tradition« zu eröffnen, eine »neue Unmittelbarkeit« zum überkommenen Glauben Israels – eine Unmittelbarkeit, bei der es sich jedoch nicht mehr um die »des Kindes oder des Orthodoxen« handelt, sondern um eine solche, die »von der kritischen Wissenschaft« alles das »gelernt, was nur von ihr zu lernen ist« und die sich insofern als kritisch-reflektierte, d. h. als vermittelte Unmittelbarkeit zur ererbten Religion darstellt – eben als »zweite« und nicht mehr als »erste Naivität«. (Negel S. 270)

„Eben deshalb aber wußte er, ähnlich wie Wust, daß der gegen alle Widerstände errungene Glaube kein fester Besitz ist, daß er vielmehr die »Bruchstellen« »erschütternder Glaubenszweifel« bleibend an sich trägt. Es nutzt nichts, diese Bruchstellen zu verleugnen oder in der Haltung des selbstbewußten Konvertiten zu überspielen. »Zweite Naivität« im Sinne Simons bedeutet vielmehr, jene Bruchstellen im Vollzug einer reflektierten Lebenspraxis immer wieder neu zu verwinden. Daß diese Lebenspraxis eine solche nicht nur in der säkularen Welt ist, sondern auch eine solche für sie sein muß, stand Simon dabei immer vor Augen.“ (Negel S.271)

Simon war sich im Anschluss an Denker wie Paul Tillich und später Dietrich Bonhoeffer bewusst, dass die Frage: »What can modern man believe?«7 nur befriedigend beantwortet werden kann, wenn man wirklich bereit ist,

sich auf die Situation einer säkular gewordenen Welt radikal einzulassen. Die leitende Frage ist dabei nicht, was der seiner Aufgeklärtheit bewußt gewordene Mensch »noch« glauben kann, was ihm von der traditionellen Religion als »noch« vereinbar erscheint mit einem modernen Bewußtsein, was von der biblischen Botschaft zu akzeptieren er »noch« bereit ist. Vielmehr »der Brennpunkt, um den sich die meisten Symptome der zweiten Naivität sammeln«, ist für Simon nichts geringeres als die »religiöse Umkehr.« Eine solche Umkehr (μετάνοια/conversio) bedeutet für den in seiner religiösen Identität unsicher gewordenen Menschen in der Regel zunächst einmal, Abschied zu nehmen von liebgewordenen Glaubensvorstellungen. Aber dieser Verlust kann, wenn man sich bei ihm nicht aufklärerisch beruhigt, sondern ihn im Vertrauen auf das je größere Geheimnis Gottes überschreitet, den Beginn einer neuen Form religiösen Glaubens bedeuten. Ein solcher neuer Glaube zeichnete sich nicht zuletzt dadurch aus, daß er Raum gibt für den Zweifel. (Negel S. 272)

Indem sich nun der Mensch der zweiten Naivität von der biblisch-messianischen Hoffnungsperspektive »im Sinne einer ›kritischen Erlösungshoffnung‹«8 ergreifen läßt, indem er also trotz aller notwendigen »Entmythologisierung« an ihr festhält – und zwar gerade für jene, deren Schicksal von keiner innerweltlichen Verbesserung mehr erreicht wird, leistet er einen unverzichtbaren Dienst für die Welt. Denn während die Politik unter den Forderungen ihrer hektischen Tagesgeschäfte steht, »repräsentiert der Mensch der zweiten Naivität den Maßstab der ferneren Zukunft«.9(Negel S. 275)

Fassen wir zusammen: Sowohl Wust als auch Simon sind von der Überzeugung geleitet, daß sowohl die schmerzliche Erfahrung der Fragwürdigkeit aller Glaubensgewißheit als auch die sehnsuchtsvoll antizipierte Hoffnung auf eine letzte, unausdenkliche Erlösung, wie sie die biblische Botschaft verheißt, zuguterletzt zu einer neuen Form religiöser Erfahrung führen können, sei es in der sehnsuchtsvollen Gestalt »kritischer Erlösungshoffnung«, sei es in der frommen Wissensruhe der cusanischen »docta ignorantia«. (Negel S. 276)

Während Wust einer existentiell-personalistischen Metaphysik zuneigt, ist Ernst Simon in die Schule Martin Bubers gegangen und hat dort ein Konzept dialogisch orientierter Erwachsenenbildung entwickelt, dessen ethisch-religiöse Grundlage in einem jüdischen Humanismus liegt.

Paul Ricœur: »Das Symbol gibt zu denken«; Symbolhermeneutik als performativer Entdeckungsvorgang »poietischer Wahrheit«

Aufgegriffen wird später aber Ricœurs Begründung der 2. Naivität, weil sie

den Übergang von einer ersten zu einer zweiten Naivität mittels einer Phänomenologie einsichtig zu machen versteht, die er als »Symbolhermeneutik« bezeichnet. Dieses Konzept besteht, kurz gesagt, darin, mit den biblischen Texten so umzugehen, als ob sie wahr seien, ohne daß ihr poetischer Charakter sie deswegen wahrheitsunfähig machte. Im Gegenteil, gerade mittels der Als-Ob-Perspektive kommt in vielen biblischen Texten eine ihnen eigentümliche, wenn auch meist verborgene Tiefenstruktur an den Tag, die, weil sie vieldeutig ist, von Ricœur als »symbolisch« in einem präzisen Sinn des Wortes bezeichnet wird. … seine Maxime, die Ricœur zur Leitlinie seiner Interpretation insbesondere biblischer Texte erhoben hat: »Le symbole donne à penser«. (Negel S. 280)

„Ricœur hat diesen performativen Vorgang neuen Glaubensgewinns auf eindrucksvolle Weise an den biblischen Symbolen der Schuld und des Bösen durchexerziert.“10 Darauf wieder hat der befreiungstheologische Exeget Walter Wink in seiner Trilogie zu den „Mächten“11 im Alten und Neuen Testament Bezug genommen. Große Leseempfehlung! Aber das ist ein neues Thema :-).

  1. Rudolf BULTMANN: Neues Testament und Mythologie. Das Problem der Entmythologisierung der neutestamentlichen Verkündigung 1941, in: KuM I, 15–48, hier 18.
  2. Begriffsgeschichtliche und systematische Erwägungen zu einem vielbemühten, aber selten verstandenen Konzept
    PDF zum Download.
  3. joachim.negel@unifr.ch
    +41 26 300 7432
    https://orcid.org/0000-0002-1048-6767
    Dekanin, Dekanat der Theologischen Fakultät
    Ordentlicher Professorin, Departement für Glaubens- und Religionswissenschaft, Philosophie
  4. Peter WUST: Naivität und Pietät 1925, in: Gesammelte Werke Bd. II, Münster: Regensberg (1964)
  5. Dazu später mehr mit einer Analyse von „Anfänge. Eine neue Geschichte der Menschheit“ https://anfange-die-kopernikanische-wende-der-weltgeschichte-der-menschheit
  6. Vgl. Norbert Meuter: „Lebenswelt verstanden als der uns alltäglich vertraute Sinnzusammenhang, in dem wir gewöhnlich ohne spezielle — etwa explizit wissenschaftliche — Anstrengungen wahrnehmen, erleben und handeln. Geht man dann weiterhin davon aus, daß sich eben durch unser lebensweltliches Erleben und Handeln — auf jeweils kulturell und historisch unterschiedliche Weise — interindividuelle Muster und Strukturen ausbilden,1 die für das einzelne Individuum Orientierungsfunktion haben, würde die These lauten, daß narrative Strukturen besonders fundamentale Strukturen unserer lebensweltlichen Orientierung darstellen. Narrativität wäre, anders formuliert, zu verstehen als eines der fundamentalen Organisationsprinzipien menschlichen Erlebens und Handelns. Und genau zu dieser These entwickelt RICOEUR eine Reihe von überzeugenden Überlegungen.“ https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-476-04229-3_4 (Abruf 30.12. 23)
  7. Nachlaß Simons, zitiert bei Jan WOPPODA: Widerstand und Toleranz, aaO. 231ff.
  8. Jan WOPPODA: Widerstand und Toleranz, aaO. 210
  9. Ernst SIMON: Die zweite Naivität, aaO. 276.
  10. Paul RICOEUR: Symbolik des Bösen, aaO. bes. 265–317; DERS.: Interpretation des Strafmythos 1967, in: Hermeneutik und Psychoanalyse. Der Konflikt der Interpretationen II, aaO. 235–265.
  11. Vgl. z.B, diese Rezension: https://www.e-periodica.ch/cntmng?pid=new-001:2015:109::689

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